Wie ich im vorigen Eintrag erwähnt habe, war ich die letzten Tage in Zambezi. In diesem Eintrag möchte ich euch von meinem Ausflug erzählen.
Los ging’s am Mittwoch. Geplant war eigentlich um 10 Uhr loszufahren, aber hier in Sambia verschiebt sich eine geplante Zeit grundsätzlich immer ein bisschen nach hinten. Nachdem alle Gepäckstücke verladen waren und wir im Shoprite noch mal Essen und Trinken (und auch Bier) für den Trip eingekauft haben, ging es los Richtung unserem Nachtlager in Manyinga. Mit dabei waren neben mir auch Father Paul (ein anderer Father Paul als der, mit dem ich im Education Office zusammengearbeitet habe), Father Clifford (Leiter des Caritas-Büro der Diözese Solwezi), Frank (Projekt-Buchhalter), Precious (neue Mitarbeiterin der Diözese), Lasse, Ben und Pauline. Alles in allem haben wir vollbepackt und zusammengequetscht Solwezi um ca. 13 Uhr verlassen.
Die ersten drei Stunden sind wir nur gefahren. Dann haben wir wegen einer Projektbesprechung in einer Gemeinde der Diözese gehalten. Zusammen mit der Diözese Limburg hat die Diözese Solwezi ein Projekt auf die Beine gestellt, in der die verschiedenen kleinen Gemeinden Erdnussbutter und Sonnenblumenöl herstellen und dies verkaufen. Und nun haben wir unseren Trip nach Zambezi dafür genutzt, die auf dem Weg liegenden Gemeinden zu besuchen und herauszufinden, wie die Produktion läuft und das Thema Lesen und Schreiben anzusprechen. Die meisten Menschen in den kleinen Gemeinden können dies nämlich nicht, was hinderlich für das Projekt und problematisch für sie insgesamt ist. Zwischenzeitlich haben wir in der alten Diözese von Father Paul gehalten, um einen Brief abzugeben. Father Paul hat uns dann den nahegelegenen Kabompo River gezeigt, und uns informiert, dass man in diesem schwimmen könnte, weil es keine Krokodile gäbe. Eine Seltenheit hier in Sambia.
Um ca. 19 Uhr sind wir dann in Manyinga angekommen, wo wir in einem kleinen Gästehaus für Mitglieder der Diözese übernachtet haben. Nach dem Abendessen wurde dann auch das gekaufte Bier geöffnet, worüber vor allem Father Clifford und Frank glücklich waren.
Am nächsten Morgen haben wir noch drei weitere Gemeinden besucht. In einer hat Father Clifford einen Hahn gekauft, der dann hinten im Kofferraum deponiert wurde und unser Essen für Samstag werden würde. Ich saß am Donnerstag zusammen mit Frank hinten auf Sitzbänken und es war ein ziemlich komisches Gefühl, den Hahn unter seiner Sitzbank liegen zu haben.
Gegen 17 Uhr sind wir dann endlich im Gästehaus in Zambezi angekommen, wo auch der Bischof und seine Verwandten übernachten würden. Jedoch blieb keine Zeit zum Auspacken, da es direkt zum Great Zambezi River für die Likumbi Lya Mize ging. Ihr fragt euch bestimmt was genau das jetzt ist. Das Likumbi Lya Mize ist eine traditionelle Zeremonie der Luvale-sprechenden Menschen (eine von 73 ethnischen Gruppen, die jede eigene Zeremonien haben). Charakteristisch für die Zeremonie der Luvale sind die Makishi-Masken. Die Zeremonie dauert fünf Tage und dient dazu, den früheren Chiefs des Stammes zu Gedenken und Kontakt mit der spirituellen Welt aufzunehmen. Am Donnerstag fand das Crossing-Over statt. Bei dem überqueren die Makishi-Masken den Fluss und gehen zum Palast des Chiefs.
Später am Abend sind wir wieder zurück zum Gästehaus gefahren. Nach dem Abendessen haben wir einen weiteren Gast des Hauses getroffen, mit dem wir uns sofort gut verstanden haben. Das lag vielleicht daran das er auch einen Freiwilligendienst ableistet. Sein Name ist Jimmy und er kommt aus Portland, Oregon. Den Rest des Abends haben wir uns mit ihm unterhalten. Nächste Woche kommt er nach Solwezi um seine Arbeitserlaubnis zu erneuern und dann schaut er mal bei uns vorbei.
Da am Freitag der zweite Tag der Zeremonie erst gegen Nachmittag begann, haben wir den Morgen genutzt um etwas mehr von der Umgebung zu sehen. Nach dem Frühstück sind Pauline, Ben, Lasse und ich zusammen mit Father Clifford nach Chavuma gefahren, eine Stadt ca. eine Stunde von Zambezi. Auf dem Weg dahin sind wir an einer Menschenmenge vorbeigefahren, die alle bunt gekleidet waren und essen trugen. Father Clifford hat uns erklärt, dass dies Teil einer traditionellen Hochzeit ist, wo man zum Brautpaar geht und denen Essen bringt.
In Chavuma haben wir zuerst seine Mutter besucht, die im dortigen Chavuma Mission Hospital arbeitet. Und dann begannen unangenehme zehn Minuten, da wir von ihr durch das Krankenhaus geführt wurden. Aber nicht nur durch die Gänge, sondern auch in die Krankenzimmer hinein. Natürlich war es nur nett gemeint, aber wir kamen uns echt komisch vor, als Weiße einfach mal für 30 Sekunden in so ein Zimmer zu gehen und die ganzen kranken Menschen zu sehen, nur um dann sofort weiter zu gehen.
Nach dem Besuch im Krankenhaus ging es weiter zum Sambesi River (von diesem Fluss hat Sambia seinen Namen). Dort trafen wir dann wieder auf den Bischof und seine Gefolgschaft, und zusammen sind wir zu Felsen gegangen um den kleinen „Wasserfall“ (einfach nur ein paar Steine und eine Absenkung von höchstens einem Meter) zu sehen. Es war wunderschön dort und ich genoss die Aussicht.
Als wir zurückgingen erklärte uns der Bischof, dass wir zur Grenze zu Angola fahren würden, weil diese nur ein paar Minuten entfernt sei. Auf dem Weg dahin hielten wir an der Moses C. Luneta Gedenkstätte. Diese und viele andere in der Nähe sollen an die Freiheitskämpfer gedenken, die für die sambische Unabhängigkeit von den Briten gekämpft haben. Luneta war der Organisator von unzähligen Aktionen der zivilen Ungehorsamkeit in Chavuma und hat damit die britischen Kolonialisten verärgert. Tage vor seinem Tod hat er einen Streik organisiert, der den letzten britischen Gouverneur von (damals noch) Nord-Rhodesien Sir Evelyn Hone so verärgerte, dass dieser orderte die Unruhen niederzuschlagen. Er entsandt ein Gruppe Polizisten um die Anführer zu verhaften. Luneta, der Mitglied des Parlaments von Zambezi sowie Provinzialminister und Sprecher der nationalen Versammlung war, wurde gefasst, gefesselt und auf ein Boot gebracht, welches bei der Überquerung des Sambesi Rivers kenterte. Er und acht weitere Polizisten starben. Für die Menschen in Zambezi ist Luneta ein Held, dem noch immer gedacht wird.
Danach ging es weiter Richtung Angola. Während der Fahrt erfuhren wir dann von Father Clifford, dass wir nicht nur zur Grenze fahren würden, sondern nach Angola einreisen würden. Als wir dann fragten, ob das so einfach ginge (Ben und Lasse hatten noch nicht mal ihre Ausweise dabei), erklärte Father Clifford das dies kein Problem sei, weil wir zum Bischof gehören. Und dieser könne einfach so über die Grenze reisen. Also fuhren wir zur Grenze und nach einer kurzen Unterhaltung mit den sambischen und angolischen Grenzsoldaten, reisten wir in Angola ein. Zwar hielten wir dort nur für ca. 10 Minuten und der einzige Grund warum wir überhaupt da waren war, dass der Bischof sich eine ganze Palette Dosenmilch kaufen wollte, aber immerhin: ich war in Angola :).
Wieder in Sambia angekommen, fuhren wir ohne den Bischof weiter zur Chinyengi Mission, einem Gemeindehaus, wo sich ein paar Schwestern aufhielten, die bei uns im Gästehaus übernachteten. Der Weg zur Mission war recht abenteuerlich: wir fuhren durch den Busch, auf Sandbänken, und über Schlaglöcher, die uns an die Autodecke katapultierten. Wir waren ja schon einiges gewöhnt in Sachen Straßen, aber dieser Weg war nicht zu vergleichen mit allem was wir bis jetzt erlebt hatten. Aber dies war nicht der einzig interessante Weg zur Mission. Um dorthin zu gelangen, mussten wir erstmal über eine Hängebrücke den Sambesi River überqueren. Es war jetzt nicht unglaublich schlimm, uns wurde aber später erzählt, dass die meisten beim ersten Überqueren ziemlich Angst hätten.
Am späten Nachmittag sind wir dann mit Father Paul wieder zum Great Zambezi River gefahren, um Tag zwei der Likumbi Lya Mize zu besuchen. Am Fluss angekommen, sind wir dann mit einem kleinen Boot, welches nicht ganz wasserdicht war, zum anderen Flussufer gefahren und dann zum Zeremonieplatz gelaufen. Dort trafen wir auf eine riesige Menschenmenge und auch auf die Makishi, die uns immer anstupsten und nach Geld fragten. Am Hauptplatz angekommen, fanden wir einen großen Menschenkreis vor, der gespannt dem Tanzspektakel zusah. Wir konnten nicht allzu viel sehen, weswegen Father Paul die Besitzer eines nebenstehenden Autos fragte, ob wir uns draufsetzen durften. Dies taten wir dann auch und beobachteten verschiedenen Tänzer und Masken. Es war alles ziemlich bunt und laut und genau wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht, warum dies alles stattfand. Ich war von allem um mich rum total begeistert und fasziniert, und vor allem die Masken fand ich toll.
Samstag war der Hauptteil des Likumbi Lya Mize. Wir verbrachten den ganzen Tag in der Hauptarena und beobachteten wieder die verschiedenen Tänzer und Showacts. Zwischendurch wurde dann immer wieder das Programm unterbrochen, da verschiedene Chiefs die Arena betraten; unteranderem ein Chief und seine Familie aus Angola. Am spektakulärsten war natürlich der Einmarsch des Chiefs der Luvale-Menschen. Er und seine Frau fuhren mit einer Kutsche durch die Arena und wurden von den Menschen bejubelt. Ich saß mit den anderen bei den Chiefs auf den etwas besseren Plätzen schaute mir gespannt das Geschehen an. Wir waren dort von ca. 10 bis 16 Uhr und zwischendurch ist jeder einmal kurz eingeschlafen.
Später sind wir dann mit dem Bischof zurück zum Gästehaus gefahren, wo wir schnell zu Abend aßen und dann auch schon wieder unseren Rückweg nach Solwezi antraten. Wir sind ungefähr um 18 Uhr losgefahren, gerade als die Dämmerung anfing. Um kurz vor sieben war es dann auch schon stockdunkel. Die Fahrt über hörten wir laut Musik (was vor allem Father Clifford gefiel) und nach einem kurzen Zwischenstopp in Manyinga wurde dann auch das restliche Bier geleert. Wir hielten dann noch zwei Mal; zum einen um zu tanken, wo wir einen Freund von Father Paul mit nach Solwezi nahmen, und zum anderen um noch mehr Bier zu kaufen. Um 01 Uhr nachts sind wir dann in Solwezi angekommen und Pauline und ich sind dann auch tot müde ins Bett gefallen.